Contemporary Art
Birgitta Weimer - (UN)SICHTBAR. Kunst im Anthropozän

Birgitta Weimer – (UN)SICHTBAR. Kunst im Anthropozän

Vernissage: 17. März 2023 ab 18 Uhr

Liebe Freunde der Galerie, zur Eröffnung der Ausstellung UN)SICHTBAR. Kunst im Anthropozän mit Arbeiten von Birgitta Weimer laden wir Sie herzlich ein. Die Künstlerin ist anwesend. Wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Leporello zur Ausstellung

Wir mögen es wahrnehmen, sehen, spüren – oder nicht, das Anthropozän ist präsent, immer und überall um uns. Die Anthropozän-Theorie bezieht sich auf die Idee eines neuen geologischen Zeitalters, in dem der Mensch die Biosphäre dominiert. Angesichts der rasant ansteigenden Geschwindigkeit, mit der der Mensch seit Ende des 2. Weltkriegs seine Lebensgrundlage auf diesem Planeten zerstört, ist auch die Kunst gefordert, nach Antworten auf die drängenden Fragen des Anthropozäns zu forschen, die über die Darstellung von zerstörten Landschaften, schmelzenden Eisbergen oder dem Verschwinden bestimmter Arten hinausgehen. Sie muss die fundamentale Erschütterung des Dualismus von Subjekt und Objekt, Menschlichem und Nicht-Menschlichem, der Position des Betrachters und dem Raum des Dargestellten thematisieren. Oder, nach Timothy Morton, das Unwahrnehmbare, Unheimliche einer Erfahrung von etwas ausdrücken, das er Hyperobjects nennt, etwas, das zu nah ist, um es objektivieren zu können, zu groß, um es abbilden zu können, zu komplex, um es erzählen zu können – ein Beispiel dafür wäre der Klimawandel.
In Birgitta Weimers Arbeit finden sich wiederkehrende Phänomene, die man als Stilmittel des Anthropozäns betrachten könnte: Die Vergrößerung biologischer Mikrostrukturen kehrt den anthropozentrischen Blick auf die Welt um und versetzt den Menschen in eine untergeordnete Rolle.
Mit dem Vervielfältigen und Zusammenfügen einfacher Formen wie Kugeln erschafft Weimer etwa mit der Serie Mindscapes, gleich der Natur, emergente Strukturen, die durch Spiegelung die Betrachtenden in das Betrachtete einbeziehen und so die Trennung zwischen Subjekt und Objekt aufheben. Die sich spiegelnden Besucher werden in farbige Lichtspiele, schwebende Räume und unendliche Tiefen geführt. Die Mindscapes visualisieren das Unsichtbare, innere energetische Zustände und Veränderungen in einer Welt im Umbruch; doch auch die sichtbaren Aspekte des Anthropozäns finden Raum: In der Installation The Spread (2020) etwa wandern die Betrachtenden durch eine Landschaft aus schwarz verkohlten Holzstücken (The End of the Carbon Age), überwuchert von aus dem Boden wachsenden Kupferrohren, die sich unaufhörlich auszubreiten scheinen. Wie Inseln ragen Strukturen aus Kupferrohren aus der Wand, Abschnitte des exponentiellen Wachstums (Sections of exponential Growth).
Die Tuschezeichnungen Messages from the Bark Beetle schließlich erforschen künstlerisch den Borkenkäfer, der bedingt durch den Klimawandel in der gesamten nördlichen Hemisphäre rapide zugenommen und irreparable Schäden an den Nadelwäldern hinterlassen hat. Mit den auf Fotos der „Partituren“ der Borkenkäfer basierenden Arbeiten thematisiert Weimer das Anthropozän-Konzept des Menschen als Kooperationspartner mit anderen, nichtmenschlichen Lebewesen, die alle in das System Erde eingebunden sind.