Wölfe, Eulen, Schlangen, Motten, Hirsche und Kinder sind das Personal, das meine Zeichnungen bevölkert. Aber was tun sie da in den Wäldern?
Auf manchen Blättern gibt man sich ein Stelldichein am Weiher. „Wer aus mir trinkt, wird ein Reh“, fällt mir aus dem Grimmschen Märchen „Brüderchen und Schwesterchen“ ein. Das Wasser verzaubert die durstigen Waldbewohner. Die Brüder Grimm lauern öfter hinter den mit japanischen Filzstiften gezeichneten oder aquarellierten Bäumen, die gleichzeitig auch eine Interpretation von Mythen, Sagen und Schauergeschichten der romantischen Kunstepoche sind.
Der Blick in die Ferne, das behutsame Tragen eines Kindes oder das entspannte Nickerchen auf dem warmen Bauch des vielleicht Kinder nährenden Wolfes bringen vor der Kulisse einer üppigen, voller Lebensfreude strahlenden Natur Begehren, Zuneigung und die Sehnsucht nach einer besseren Welt zum Ausdruck.
Aber nicht ohne Ironie wird aus der – in der Romantik symbolträchtigen – blauen Blume in einigen Zeichnungen ein tödlich roter Fliegenpilz.
Der Hirsch, bekannt aus deutschen Wohnzimmern im Stil des Gelsenkirchener Barocks, ist in meinen Arbeiten vielleicht der verzauberte Bruder. „Trink nicht, bat das Schwesterchen… Aber das Brüderchen hörte nicht auf sein Schwesterchen und nach dem ersten Tropfen geschah es.“
Die Faszination für diesen unheimlichen Aspekt der Natur prägt meine Arbeit ebenso wie einst die deutschen Romantiker. Der verträumte Waldtümpel entpuppt sich als etwas Garstiges, Sprechendes, Zauberndes, als Ort des Brudermordes oder des Ertrinkens. Ist nicht eine einsame Waldhütte auch Schauplatz grausamer Verbrechen?
Diese inhaltliche Doppeldeutigkeit setze ich technisch mit starken hell-dunkel-Kontrasten um. Die seit der Spätrenaissance als clair-obscur bekannte Technik hilft mir, die Zeichnungen auf das Wesentliche zu reduzieren. Auf den weißen Papierton, der mal als Schnee, mal als Nebel oder als blendende Sonne fungieren kann, versuche ich wie mit einer zweiten Farbe einzuwirken, und gleichzeitig die technischen Möglichkeiten des Papiers auszuloten. Wann ist es genug, wann zu viel, und welche Zusammenstellung erzeugt die gewünschte Stimmung, die ersehnten Gefühle und beabsichtigte Wirkung. (Malgosia Jankowska)
Vita
1978
geboren in Sochaczew, Polen, lebt und arbeitet in Berlin
1998–2003
Studium der Malerei an der Warschauer Akademie der schönen Künste
2001
Gaststudium an der H.d.K. (Hochschule der Künste) Berlin
2003
Diplom an der Akademie der Schönen Künste in Warschau
mit den Schwerpunkten Malerei und Wandmalerei
2015
Promotion an der Akademie der Schönen Künste in Warschau
Einzelausstellungen
2021
Forest Tales, Galerie Maurer, Frankfurt am Main
Life is a dream, Galerie Victor Lope, Barcelona
2018
Panta Rhei, Galerie Michael Schultz Berlin
Winter Tales, Galería Victor Lope, Barcelona / Spanien
2017
Neue Waldgeschichten, Galerie Filser & Gräf, München
2016
Waldzeichnungen, Galerie Michael Schultz Berlin
2015
Path, Galeria Apteka Sztuki Warsaw, Warschau / Polen
Naturwelten (mit Herbert Mehler), Kunstverein Münsterland, Coesfeld
2014
Mysterious Tales, Galeria Victor Lope, Barcelona
Zauberwald, Galerie Michael Schultz, Berlin
2013
Unterwegs in den Bergen, Galerie Filser & Gräf, München
2012
galerie christian roellin, St. Gallen / Schweiz
2011
Arkadia, Kunstverein APEX, Göttingen
Wolfskinder, Galerie Maurer, Frankfurt am Main
Gruppenausstellungen
2020
Wald, Wolf, Wildnis, Neue Galerie im Haus Beda, Bitburg
2019
Wald, Wolf, Wildnis, Museum Villa Rot, Burgeieden
Otto Pankok im Dialog, Kunsthalle Hense
2018
Zeitgenossen. Künstler aus der Sammlung Hense,
Kunstverein Münsterland, Coesfeld
2016
Spekulativer Realismus, Neue Galerie Gladbeck, Gladbeck